Wagnersches Schloss

und die »Wagners« von Frommenhausen

Bescheiden und unauffällig

Wagnersches SchlossQuelle: Dieter Manz
in "Veranstaltungskalender Oktober 1984
der Großen Kreisstadt Rottenburg am Neckar"


Dass auch Frommenhausen zu den Dörfern im Raum Tübingen – Rottenburg – Horb – Rottweil gehört, die ein Schloss besitzen, wird dem Ortsfremden kaum bekannt sein.

Im Dorfbild hebt sich das Bauwerk allerdings wenig ab; es unterscheidet sich nur unwesentlich von den umgebenden Bauernhäusern. Aber schließlich ist es ja auch das bescheidenste und unauffälligste Schloss im ganzen Bezirk, ausgezeichnet allein durch seine erhöhte Lage neben der Kirche, die sich durch ihre hübsche, ländliche Rokokoausstattung empfiehlt.

Das Schloss ist ein ungegliederter Bau der Biedermeierzeit mit Krüppelwalmdach.
Die Mittelachse der Südseite wird durch einen kleinen Mittelgiebel im ungebrochenen Seitendach leicht hervorgehoben.

Wagnersches SchlossIn der Mitte der fünfachsigen Südseite, die dadurch als Hauptschauseite betont ist, befindet sich ein rechteckiges Portal mit Sandsteingewände und rechteckigem Oberlichtfenster; auf dem Schlußstein finden sich die ligierten Buchstaben »CWF«, über der Tür das Wappen der Bauherrschaft mit der Jahreszahl 1832 - die Jahre 1832/33 sind als Baudatum überliefert.

Untrennbar mit dem Schloss und der Geschichte des Dorfes Frommenhausen ist seit dem 17. Jahrhundert der Name der Familie Wagner verbunden. Deren »Stammvater«, Dr. Jur. Johann Wagner, soll 1605 als Angehöriger einer patrizischen Familie in Solothurn/Schweiz geboren sein. Für diese von der Familie Wagner - Frommenhausen seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts behauptete Abstammung gibt es jedoch keine sicheren Beweise. Zum einen findet sich in den Solothurner Kirchenbüchern unter dem Jahr 1605 kein Taufeintrag für einen Johann Wagner und zum andern führte die Solothurner Familie ein Wappen, das sich von dem der hiesigen Wagner grundlegend unterscheidet.

Als Ludwig Wagner von Frommenhausen 1803 nach Solothurn schrieb, um als angeblicher Nachkomme des dort kurz zuvor ausgestorbenen Patriziergeschlechts dessen Adelsbrief zu erhalten, schrieb ein hohe Solothurner Staatsbeamter quasi als Antwort auf das Gesuch:
»Unverschämtes, durch keine Spur begründetes Begehren«.

Es gibt dagegen einen neueren Aktenhinweis, der eine Herkunft von Dr. Johann Wagner aus der ehemaligen Zimmern'schen und späteren Fürstenbergischen Herrschaft Meßkirch vermuten läßt.

Unbewiesen und unüberprüft ist bis jetzt auch die eher mit Vorsicht zu behandelnde Behauptung des oben erwähnten Ludwig Wagner, sein Urgroßvater Dr. Johann Wagner sei in Heidelberg Professor oder gar Rector Magnificus gewesen. Sichere, aktenmäßig belegbare Stationen in der Laufbahn von Dr. Johann Wagner sind seine Tätigkeiten als Erzieher des jungen Barons Karl Ferdinand v. Hohenberg (1618 - 1640), als Bebenhauser Oberamtmann (um 1638) und als Rat des Ritterkantons Neckar-Schwarzwald (1643).

Ein Höhepunkt in der Laufbahn von Dr. Johann Wagner war seine Ernennung zum Rat des Erzherzogs Ferdinand Carl von Österreich im Jahre 1648. Vor 1648 besaß er eine Behausung auf dem Burgstall zu Horb; sein Besitznachfolger wurde dort der spätere Horber Obervogt Wildhans v. Ow. Als Dr. Johann Wagner 1649 zum Statthalter und Hauptmannverwalter der Herrschaft Hohenberg mit Amtssitz in Rottenburg bestellt wurde, erwarb er den Platz des 1644 niedergebrannten v. Ow'schen Stadthauses am Marktplatz neben dem Rathaus (heute Kaufhaus Jeckel) und erbaute dort zwischen 1649 und 1653 sein Haus, dessen noch bestehende Hauskapelle 1655 eingeweiht wurde.

Wie kamen die Wagner nun aber nach Frommenhausen? Nachdem Dr. Johann Wagner in Rottenburg seine Lebensstellung gefunden hatte, kaufte er 1650 um 1000 Gulden den Hof, den sein Amtskollege, der hohenbergische Marschall Sebastian Wilhelm Schorer in Frommenhausen besaß. Vier Jahre später gelang ihm der Erwerb des dortigen Rottenburger Spitalhofs für 1180 Gulden. Entscheidend für die Zukunft der Familie wurde ein mit diesen Erwerbungen indirekt zusammenhängender Vorgang:

Im Jahr 1570 entlieh Erzherzog Ferdinand von Österreich bei dem Freiburger Goldschmied Frauenfelder einen Betrag von 1500 Gulden. Die Tilgung dieser Schuld, die durch eine Bürgschaft des Klosters Salem abgesichert war, verzögerte sich wegen der unruhigen Zeitläufe. Als 1618 der Dreißigjährige Krieg ausbrach, stockte auch die Zinszahlung.

Gegen Kriegsende hatte sich das Guthaben an die Freiburger Professorentochter Maria Magdalena Moll vererbt, die mit unserem Dr. Johann Wagner verheiratet war. Im Jahr 1656 wurde diesem als Ersatz für die immer noch ausstehende Schuldsumme von Erzherzog Ferdinand Carl die Niedergerichtsbarkeit im Dorf Frommenhausen als erbliches Mannlehen übertragen. Doch als der Lehensbrief eintraf, war Dr. Johann Wagner bereits tot.

Noch im selben Jahr erfolgte die Belehnung seines Sohnes Johann Rudolf, der später Landschreiber der Herrschaft Hohenberg wurde, zugleich im Namen seiner Brüder Ignatius, der dem Jesuitenorden beitrat - sein Vater, Dr. Johann Wagner, hatte 1649 entscheidend zur Niederlassung der Jesuiten in Rottenburg beigetragen - und Franz Josef.

Als die Mutter Maria Magdalena Moll den Besitz teilte, fiel an Johann Rudolf der ehemalige Spitalhof, während Franz Josef den Schorer'schen Hof bekam.

Mit seiner Gattin Anna Katharina, einer Tochter des Rottenburger Bürgermeisters Dietrich Hasenfelder, hatte Johann Rudolf drei Söhne und vier Töchter, die aber alle vor ihren Eltern verstarben.

Nachdem 1684 auch Johann Rudolf starb - sein Grabstein ist im nördlichen Seitenschiff des Rottenburger Doms erhalten -, verkaufte seine Witwe den Spitalhof für 2400 Gulden an den Schwalldorfer Salzmann Andreas Hallmayer. Der Schorer'sche Hof des Franz Josef Wagner blieb fortan das Stammgut der Familie, die sich Frommenhausen als Hauptsitz erwählte, nachdem Franz Josef das Haus seiner Eltern auf dem Rottenburger Marktplatz für 4150 Gulden an den Rottenburger Stadtpfarrer, Dekan Franz Wilhelm Werz, verkauft hatte.

Franz Josefs Sohn Fidel Dionys übernahm das Frommenhauser Erbe nach dem Tod seines Vaters 1737, weilte jedoch meist in der Marktgrafschaft Baden, in deren Dienste er bereits 1724 als Stadt- und Amtsschreiber von Steinbach bei Bühl getreten war.
Zwischen 1729 und 1744 diente er den Markgrafen als Amtmann in Steinbach. Die Quellenlage läßt den Schluß zu, dass Fidel Dionys um jene Zeit geadelt wurde.

Bei einer Schlichtung von Streitigkeiten zwischen ihm und der Gemeinde Frommenhausen wird er als Dionys v. Wagner bezeichnet und sein Todeseintrag von 1761 im Kirchenbuch von Hirrlingen nennt ihn »Praenobilis ac gratiosus Dominus Dionysius de Wagner, Dynasta in Frommenhausen«.

Ludwig Benignus, der Sohn von Fidel Dionys, wurde nach dem Jurastudium 1761 Advokat am Rastatter Hofgericht, zehn Jahre später war er Hofgerichtsrat. Von 1772 - 1790 wirkte er als Amtmann in Rodalben, wurde dann Hofrat und Oberamtsverweser in Baden-Baden und war von 1801 bis zu seiner Pensionierung 1810 großherzoglich-badischer Obervogt in Baden-Baden, wo 1817 starb.
Gleichzeitig blieb er aber Lehensinhaber in Frommenhausen und wird in dieser Eigenschaft 1785 in einem Verzeichnis der K.K. vorderösterreichischen Vasallen unter den adligen Vasallen aufgeführt.
Im Jahr 1807 wurde er und seine Nachkommen in den württembergischen Adels- und Ritterstand übernommen, nachdem Frommenhausen ein Jahr zuvor württembergisch geworden war. Die Aufnahme in die badische Adelsmatrikel erfolgte 1815.

Ludwig Benignus von Wagner

Sein persönliches und berufliches Leben wurde in fast kriminalistisch anmutender Arbeit von Margot Fuss, Emilie Ruf und cand. theol. Wolfgang Reiß (Baden-Baden) rekonstruiert.
Der Aufsatz "Ludwig Wagner von Frommenhausen (1737 - 1817) Ein badischer Obervogt", von Margot Fuss, wurde in "Die Ortenau" im 49. Jahresband 1969 im Verlag des Historischen Vereins für Mittelbaden veröffentlicht.
Mit freundlicher Genehmigung des Vereins dürfen wir den kompletten Artikel auf unserer Homepage zum Download bereitstellen.
Hier lesen Sie die Veröffentlichung.

Das Lehen in Frommenhausen übernahm 1817 Carl Fidel Anton v. Wagner, der als erster der Familie die militärische Laufbahn einschlug.
Der Achzehnjährige trat 1796 in österreichische Dienste - sein Großonkel war der K.K. Feldmarschall Bender -, kämpfte dann als Württemberger unter Napoleons Fahnen, nahm an dessen verhängnisvollem Rußlandfeldzug teil, erlebte 1812 den Brand Moskaus und wurde nach der Rückkehr im März 1813 Inhaber eines württembergischen Dragonerregiments; zu Beginn des folgenden Jahres erfolgte seine Ernennung zum Oberst.
Nachdem seine militärische Karriere kurz darauf durch eine Hofintrige beendet wurde, trat er um 1820 als Oberhofjägermeister und königlicher Kammerherr 1845 in den württembergischen Freiherrenstand.

Württemberg löste 1821 um 1700 Gulden die Wagner'schen Fronrechte in Frommenhausen ab, während die Familie 1825 auf niedere Gerichtsbarkeit und Ortspolizei (Patrimonialgerichtsbarkeit) verzichtete. Der nicht allzu bedeutende Grundbesitz der Wagner wurde 1874 nach der Allodifizierung der Lehen Eigentum der Familie, die ihn 1895 in ein Fideikommiß umwandelte.


Rudolf Franz Joseph Fidel Wagner v. FrommenhausenNächster Herr des Gutes war Carls Sohn Rudolf Franz Joseph Fidel Wagner v. Frommenhausen (Rudolf Freiherr von Wagner-Frommenhausen), das bedeutendste Mitglied der Familie. Er brachte es bis zum Rang eines Generalleutnants, war von 1867 - 1870 württemb. Kriegsminister im Kabinett Varnbüler und vertrat von 1871 - 1874 den Wahlkreis Rottenburg - Tübingen - Reutlingen als Abgeordneter im Deutschen Reichstag.
Nach dreizehnjährigem Krankenlager starb er 1891 unverheiratet in Stuttgart.

Rudolf von Wagner veröffentlichte 1876 das 576 Seiten starke Buch "Das Jagdwesen in Württemberg unter den Herzögen. Ein Beitrag zur deutschen Kultur- und Rechtsgeschichte."
Inhalt: Jagdgerechtigkeit und Jagdrecht - Die freie Pürsch - Beschreibung des Wilds - Personal - Jagdschutz und Hege - Jagden - Jagd-Ertrag - Wildschaden - Wilderei - Tiergärten und Fasanerien - Erläuterungen zur Karte der württembergischen Forste.

Die ADB Allgemeinde Deutsche Biografie berichtet über Rudolf von Wagner (ADB Bd. 54, S. 782-783)
"Wagner: Rudolf Freiherr von W.-Frommenhausen, geboren am 19. Dezember 1822, verstorben am 10. Februar 1891. Nach seinem Austritt aus der Kriegsschule in Ludwigsburg wurde W. 1843 zum Lieutenant ernannt, zunächst in der Artillerie, dann im Generalstab. Am 27. April 1867 wurde er zum Generalmajor und zugleich zum Kriegsminister ernannt. Nach dem Abgang des Kriegsministers v. Hardegg brauchte man gerade in Württemberg einen so klaren, nüchternen Kopf, wie W. einer war, einen Mann, abhold phantastischen Vorstellungen und der Phrase feind. Nichts haßte der einfache, streng und sachgemäß denkende Mann mehr als demokratische Verschleierungen, wie sie damals in militärischen Dingen unter den Württembergern in Blüthe standen.
Bisher hatte man in Württemberg geflissentlich die Unkenntnis in preußischen Dingen, insbesondere auch im Heerwesen, genährt. Man sonnte sich am Glanze Österreichs und Radetzky's. Der Tag von Olmütz hatte jeden Respect vor Preußen ausgelöscht. Die Reorganisation dort begriff man nicht. Da kam W. im Anfang des Jahres 1866 als Militärbevollmächtigter nach Frankfurt. Hier hat sich einst die Wandlung eines Größeren vollzogen, Otto v. Bismarcks's. Aber auch W. war noch wenigen Monaten, noch vor Ausbruch des Kriegs, ein Anderer geworden. Was man in Süddeutschland absichtlich nicht sehen wollte, das erkannte er klar hier: nur von einem erstarkten Preußen kann Rettung und Schutz für Deutschland kommen. - Der Krieg des Sommers 1866 war vorüber; im württembergischen Lande feierten großdeutsche und volksparteiliche Agitationen ihre höchsten Triumphe; die abenteuerlichen Pläne schossen aus dem Boden, um durch lockere Milizeinrichtungen die stramme Waffenschule des stehenden Heeres zu ersetzen.
Die kleinlichen Anfeindungen, denen der neue Kriegsminister vom April 1867 ausgesetzt war, würde man heute nicht mehr begreifen. Dennoch gelang es ihm mit äußerster Mühe, während des Jahre 1868 das neue Kriegsdienstgesetz durchzusetzen, das, wenn auch lückenhaft, doch einen wesentlichen Fortschritt bedeutete, durch Beseitigung des heillosen Unfugs der Stellvertretung um Geld und durch Einführung allgemeine Wehrpflicht. Allein die Wogen hatten sich nur scheinbar geglättet; gegen das Frühjahr 1870 bereitete sich ein demokratischer Adressensturm vor, der von der Kammermehrheit unterstütz wurde und Herabsetzung der Präsenzzeit wie auch Verminderung des Militärbudgets verlangte. Unter solchen Umständen trat W. am 23. März 1870 vom Kriegsministerium zurück, das nun auf den General v. Suckow überging. Weitere Experimente schnitt glücklicherweise der Ausbruch des Krieges ab. Das Verdienst Wagner's und des König Karl aber bleibt es, daß die württembergischen Truppen, wenn auch bescheiden an Zahl, doch mit ziemlich festem Gefüge ins Feld rücken konnten. Als eine kleine Belohnung mochte es W. ansehen, dass er, der unermüdliche Kämpfer auf vielumstrittener Bresche, in den ersten Deutschen Reichstag gewählt wurde vom Wahlkreis Reutlingen-Tübingen-Rottenburg; er schloss sich der Deutschen Reichspartei an. - Bald aber war es vorbei mit aller weiteren öffentlichen Bethätigung; die Anzeichen schwerer Erkrankung traten schon 1878 hervor. Wie ein lebendig Begrabener blieb er zwölf Jahre lang an das Schmerzenslager gefesselt. Mit Mühe nur vollendete er ein umfassendes Werk: "Das Jagdwesen in Württemberg unter den Herzögen".
Die Familie Wagner war im Jahr 1656 von Kaiser Ferdinand III. geadelt worden mit dem Prädicat "von Frommenhausen", wobei sie zugleich das Gut im Dorfe Frommenhausen, Amtes Rottenburg der vorderösterreichischen Grafschaft Hohenberg, als Lehen erhielt. Hier in Frommenhausen, wo er geboren war, ist W. am 13. Februar 1891 im Familienbegräbnis beigesetzt worden." (Albert Pfister)

Ludwig Franz von Wagner, der Vetter des KriegsministersDen Frommenhauser Besitz übernahm Rudolfs Vetter, Generalleutnant a.d. Ludwig Franz v. Wagner (geb. 25.09.1928), der 89jährig als letzter des Geschlechts 25.03.1917 in Stuttgart verstarb.


Das Frommenhauser Fideikommißgut ging 1917 in den Besitz des St. Georgenvereins der württembergischen Ritterschaft, nachdem die Grundstücke bereits seit 1875 an wenig begüterte Familien verpachtet worden waren. Das Schloss wurde 1970 Eigentum der Gemeinde Frommenhausen.


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